Liboriuskapelle

GESCHICHTE DER LIBORIUSKAPELLE
Bild: Friedrich Preller der Ältere (1804 – 1878): Prozession an der Liboriuskapelle bei Creuzburg, Stiftung Weimarer Klassik und Kunstsammlungen

Vorläufer, Baubeginn, Namensgebung, Baubeschreibung

Die kleine Siedlung Creuzburg am Fuße der dem Ludowinger Herrschergeschlecht gehörenden Burg Creuzburg erhielt unter Landgraf Hermann I. im Jahre 1213 das Stadtrecht. Landgraf Ludwig IV. ließ aus Freude über den 1222 von seiner Gemahlin, der Landgräfin Elisabeth, auf der Creuzburg geborenen Sohn Hermann II. im Jahre 1223 eine steinerne Werrabrücke bauen. Sie stellt heute ein bedeutendes Baudenkmal dar. Am östlichen Werraufer befand sich eine hölzerne Kapelle. Sie war ein unter monetären Aspekten organisierter Wallfahrtsort. 1498 beschlossen der Creuzburger Amtmann Georg, Burggraf von Kirchberg, und die Priorin des Creuzburger Jakobklosters, Jutta von Hundelshausen, den Neubau einer steinernen Kapelle direkt an der Werrabrücke. Der Bau erfolgte 1499 und zwar höchstwahrscheinlich nicht der bisherigen Überlieferung zufolge durch einen Creuzburger Maurergesellen, sondern durch den Baumeister Conrad Stebel aus Rotenburg an der Fulda (siehe auch “Wandmalereien”). 

Die Kapelle trägt den Namen des 397 gestorbenen Liborius, der als Freund Martins von Tours und Bischof von Le Mans im 4. Jahrhundert maßgeblich die Verbreitung des Christentums in Gallien unterstützte und heiliggesprochen wurde. Sein Name bedeutet in der Übersetzung “Der Gott Geopferte” oder “Feierlicher Sprecher”. Rund 500 Jahre nach seinem Tod überließ Bischof Aldrich von Le Mans den Leichnam dieses Heiligen dem Paderborner Bischof Badurad. Liborius wurde damit Patron des neu gegründeten Paderborner Bistums. Weil er in den Armen seines Freundes Martin von Tours starb, gilt er bis heute als Patron für einen guten Tod. Die ostwestfälische Landschaft mit ihrem stark kalkhaltigen Wasser ließ Liborius seit dem 13. Jahrhundert zum Helfer bei sogenannten Steinleiden werden; in den wenigen überlieferten künstlerischen Zeugnissen ist er mit jenen Attributen – fünf Steine auf der Heiligen Schrift – dargestellt. Da sich unweit der Kapelle eine erstmals 1426 erwähnte Saline zu Heilzwecken befand (später Wilhelmsglücksbrunn), könnte dies auch ein Grund für die Namensgebung gewesen sein.

Die spätgotische Kapelle, infolge der topographischen Gegebenheiten nach Nordosten ausgerichtet und in sorgfältig oberflächenbearbeitetem, fast fugenlos gesetztem Quadermauerwerk aufgeführt, zeigt einen einschiffigen, gewölbten Innenraum. Das Netzrippengewölbe ruht auf schlanken Diensten. Im Nordosten öffnen sich, dem 5/8 – Schluss des Chores folgend, drei hohe, mit spätgotischem Maßwerk verzierte Fenster. Tektonik und Proportionen des Kirchenbaues, hier insbesondere das ausgewogene Verhältnis von Gebäudehöhe und -tiefe, lassen die Kenntnis deutscher, italienischer und französischer Vorbilder der Zeit vermuten. Der polygonale Abschluss zitiert den hochgotischen Kapellenkranz der Kathedralen ebenso, wie das maßliche Verhältnis von Höhe zu Breite des Kirchenschiffs.

Zeitraum 1520 bis 2006

1520: Ausmalung der Kapelle mit ca. 40 Szenen aus dem Leben der Heiligen Elisabeth und der Passion Christi (Siehe auch “Wandmalereien”)

1523: Am 1.September Verkündung der lutherischen Lehre durch den Kartäusermönch Albert von Kempten, zunehmendes Bekenntnis der Creuzburger zu Luthers Lehre und Bedeutungsverlust als Wallfahrtsort. Entweder bereits jetzt oder 1715 mit der zeitweiligen Nutzung der Kapelle durch die Reformierte Gemeinde erfolgte die Übertünchung der Wandmalereien. Sie gerieten in Vergessenheit.

1715: Reparaturen und Veränderungen im Innenraum der Kapelle

1840 bis 1845: Restaurierung unter Großherzog Karl Alexander

1932 – 1938: Wiederentdeckung, Freilegung und Konservierung der Wandmalereien

1945: Widersinnige Sprengung der Werrabrücke von deutscher Seite, um den US-amerikanischen Vormarsch aufzuhalten. Hierbei starke Beschädigung der Liboriuskapelle, insbesondere des Daches. Dadurch kam es zu witterungsbedingter Schädigung der Wandmalereien. Diese wurde verstärkt infolge der unsachgemäßen Konservierung bei der Freilegung.

1964: Kleinere Erhaltungsarbeiten an den Wandmalereien

1970: Neueindeckung mit Kupferblech

1979 / 2001: Kleinere Sanierungsarbeiten


Umfassende Sanierung, Restaurierung und Neugestaltung 2007 bis 2016

Da die Liboriuskapelle jedoch jahrelang in beschädigtem Zustand den Witterungsverhältnissen ausgesetzt war und darüber hinaus das Mauerwerk durch aufsteigendes salzhaltiges Werrawasser stark beeinträchtigt wurde, reichten die vorgenannten Einzelmaßnahmen zur dauerhaften Sicherung nicht aus. Um die Kapelle und die noch erhaltenen Teile der Wandmalereien dauerhaft zu sichern, bedurfte es der gemeinsamen Anstrengung von Staat, Kirche und Förderverein. Aus diesem Grund wurde unser Förderverein zu Beginn des Elisabethjahres 2007 aus einer überregionalen Initiative heraus mit der Aufgabe gegründet, die umfassende Sanierung und Restaurierung der Liboriuskapelle und der Wandmalereien anzustoßen und finanziell mit abzusichern. Mit Hilfe vieler Spender aus Creuzburg und ganz Deutschland, durch gute Zusammenarbeit mit der Deutschen Stiftung Denkmalschutz und der Hermann Reemtsma Stiftung, durch die fachliche Führung des Thür. Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie, dank hervorragender Fachleute und in Zusammenarbeit mit der Kirchgemeinde Creuzburg erfolgten innerhalb von neun Jahren die bisher umfassendsten Arbeiten. Die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen kosteten über 765 000 Euro, wobei ca. 350 000 Euro durch die Aktivitäten des Fördervereins eingebracht wurden. Hier eine Übersicht dieser Arbeiten:

Trockenlegung des Baugrundes

Umfassende Sanierung von Baukörper und Dachstuhl

Fußbodenreparatur mit behutsamen Ergänzungen und dessen Tieferlegung, wobei die verzierten Dienstbasen wieder sichtbar wurden

Wiederherstellung der ursprünglichen Farbfassung des Innenraumes

Die kostenintensivste und fachlich größte Herausforderung: 
Abnahme der 1932 - 1938 und später aufgebrachten, sich als Schutz jedoch völlig ungeeignet erweisenden Überzüge, Festigung und behutsame Retusche der erhalten gebliebenen Malereien

Restaurierung des Corpus Christi (um 1500, sehr wertvoll, ursprünglich Dorfkirche Schmirchau bei Gera, dem Uranbergbau zum Opfer gefallen)

Entwurf und Fertigung von auf den Innenraum abgestimmten modernen Altar, Altarkreuz, Taufbecken, Lesepult und Sitzbänken

Erstmalige Ausstattung mit einer elektrischen Beleuchtung (ordnet sich dem Raum unter, mehrere Beleuchtungsvarianten)

Am 23. Juni 2013, dem 800jährigen Jubiläum der Verleihung des Creuzburger Stadtrechts, wurde die Liboriuskapelle wiedergeweiht. Anschließend erfolgten die letzten Sanierungs- und Ausstattungsarbeiten. Seit 2016 steht die Liboriuskapelle der Kirchgemeinde Creuzburg für Gottesdienste, für Taufen, Hochzeiten, Lesungen und Konzerte wieder zur Verfügung. Unser Förderverein ist bei kulturellen Veranstaltungen aktiv beteiligt. Für Touristen und Pilger, die den reizvollen Werraweg mit dem Boot, radelnd und wandernd nutzen oder mittels der günstigen Verkehrsanbindung (A 4 / B 7) mit Bus oder Pkw anreisen, ist die Liboriuskapelle eine wunderschöne Station. Dies belegen auch die zahlreichen Eintragungen im Gästebuch. Darüber hinaus stellt die Kapelle gemeinsam mit der steinernen Werrabrücke ein eindrucksvolles Bauensemble dar, wie Sie auch den Abbildungen unserer Webseite entnehmen können. Von Eisenach kommend, bildet es zur Rechten und mit der Burg Creuzburg zur Linken quasi das “Eingangstor” zum Amt Creuzburg.

Bürgerliches Engagement und fachliches Können haben sich erfolgreich ausgezahlt, was allein schon die nachstehenden drei bildlichen Gegenüberstellungen zeigen: 
 
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Weiterführende Literatur: 
Die Liboriuskapelle zu Creuzburg, Arbeitsheft des Thüringischen Landesamtes für Denkmalpflege und Archäologie, Neue Folge 49, E. Reinhold Verlag, Altenburg (Kamprad Verlagsgruppe), 2016
ISBN: 978 - 3 - 95755 - 020 - 0, 128 Seiten, 12,00 Euro
Förderverein Liboriuskapelle Creuzburg e.V.
Michael-Praetorius-Platz 2 
99831 Amt Creuzburg 


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